Scobees Impulse – Kompetenzrasternutzung in der Praxis mit Marina Volkwein aus der GAZ Gudensberg

Unterricht soll durch sein Lernangebot dazu beitragen, dass die Schüler:innen die für die zukünftige Lebens- und Arbeitswelt zentralen Kompetenzen erwerben können. Unabhängig von der Art der Kompetenz – ob fachlich oder überfachlich – ist die Kompetenzentwicklung ein Prozess, der sich in einem sukzessiven Aufbau von Teilkompetenzen abbildet. Hinzu kommt, dass sich Kompetenzen auf unterschiedlichen Niveaustufen repräsentieren und somit auch auf unterschiedlichen Niveaustufen erworben werden können. Kompetenzorientierter Unterricht bedeutet daher individualisiertes Lernen, so dass jeder Schüler und jede Schülerin entsprechend der Bedürfnisse und Voraussetzungen den bestmöglichen Kompetenzerwerb erfahren.

Dies scheint zunächst eine herausforderende und nicht zu meisternde Aufgabe, oder?

Kompetenzorientiertes Lernen benötigt eine Orientierung (Müller, 2008). Diese Orientierung kann durch Standards geschaffen werden, die eine systematische Erfassung von erworbenen Kompetenzen und die Einordnung des eigenen Könnens seitens der Schüler:innen ermöglichen. Mit Kompetenzrastern können Sie diese Orientierung abbilden. Kompetenzraster stellen eine Matrix dar, in der Kompetenzen und deren Entwicklungsstufen abgebildet werden. Klassischerweise enthalten Kompetenzraster zwei Dimensionen: die Inhaltsebene und die Niveauebene. Auf der Inhaltsebene werden die Kompetenzbereiche, d.h. das fachliche Wissen und Können notiert. Die Niveauebene beschreibt die Ausprägung der Leistung, d.h. wie gut eine Kompetenz ausgeprägt ist.

Kompetenzraster dienen der Selbstkontrolle, der Differenzierung und tragen zur Selbststeuerung im Unterricht bei. Sowohl für Sie als Lehrperson als auch für die Schüler:innen bietet das Kompetenzraster eine Lernorientierung. Das Kompetenzraster in Abb. 1 weist Ihnen und Ihren Schüler:innen den Weg und gibt innerhalb eines Themenbereichs einen Überblick über die zu erwerbenden Teilkompetenzen.

Abb. 1 Allgemeines Kompetenzraster

Abb. 1 Allgemeines Kompetenzraster

Wie kann ich das Kompetenzraster zur Individualisierung nutzen? 

Kompetenzraster können nicht nur eine übergeordnete Lernstruktur und einen Überblick über die Teilkompetenzen liefern, sie können auch dazu dienen, innerhalb einer Teilkompetenz zu differenzieren. Die Bloom’s Taxonomie hilft dir dabei, denn hiermit kannst du Lernzielstufen abbilden, die verschiedene kognitive Niveaus darstellen. Die Taxonomie unterscheidet zwischen 6 kognitiven Stufen: Wissen, Verstehen, Anwenden, Analyse, Synthese und Evaluation. Dabei bilden diese Stufen eine Hierarchie, d.h. sie sind aufeinander aufbauend. So müssen Schüler:innen, z.B. für die Stufe Anwenden, Wissen erworben und dieses auch verstanden haben. Aus dem Kompetenzraster in Abb. 1 nehmen wir uns die Teilkompetenz „Ich kann zwei Zahlen schriftlich addieren“. Diese lässt sich in Bezug auf die Lernzielhierarchien durch unterschiedliche Niveaustufen abbilden (Abb. 2). 

Abb. 2: Spezifisches Kompetenzraster

Abb. 2: Spezifisches Kompetenzraster

Nun haben Sie zu jeder Teilkompetenz unterschiedliche Niveaustufen formuliert, die sich im nächsten Schritt durch Aufgaben abbilden lassen.  

Wie hilft mir das Kompetenzraster den Schüler:innen mehr Verantwortung für ihr Lernen zu geben? 

Durch die Zuordnung von Aufgaben zu den Kompetenzbereichen, den Teilkompetenzen und den dazugehörigen Niveaustufen, können Kompetenzraster Schüler:innen ermöglichen, metakognitv aktiv über ihren Lernprozess zu reflektieren. Dies erfolgt im Sinne des formativen Feedbacks, welches nach Hattie und Timperley (2007) die folgenden drei Fragen beantwortet: „Wo möchte ich hin?“, „Wo stehe ich?“ „Wie geht es weiter?“. Die Nutzung von Kompetenzrastern hilft den Schüler:innen dabei, die eigene Qualität des Lernens zu bewerten. So greifen Flechsig und Kollegen (2017) auf Kompetenzraster zurück, um Schüler:innen eine Orientierung beim Schreiben von Texten zu geben. Kompetenzraster können nämlich auch als eine Art Checkliste aufgefasst werden, die sehr konkrete Anforderungen darstellt, so dass Schüler:innen ihr Lernen dahingehend in einem sehr konkreten Lernkontext beurteilen können.  

Sie wollen mehr erfahren, oder von Ihren Erfahrungen aus Ihrem Schulalltag zum Thema Kompetenzrasternutzung berichten? Dann kommen Sie zu unserem nächsten Scobees Impulse Workshop mit Jennifer Knellesen von der Uni Wuppertal, am Dienstag, den 08. November um 16:00 Uhr! 

 

Literatur: 

Flechsig, A., Knemeyer, J. P., & Marmé, N. (2017). Kompetenzraster für die Bewertung wissenschaftlicher Schülertexte. Heidelberg: didaktik-aktuell. 

Hattie, J., & Timperley, H. (2007). The power of feedback. Review of educational research, 77(1), 81-112. 

Müller, A. (2008). Mehr ausbrüten, weniger gackern. Bern: Hep.